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Vom Reden und Schweigen


Fokussieren auf Gott

Ich habe keine Erwartungen. Echt nicht. Diesmal nehme ich einfach, was kommt. Egal, ob es viel oder wenig ist. Es wird okay sein. Nichts muss, alles darf.

Mit dieser Einstellung machte ich mich auf in eine persönliche Stille-Woche gemeinsam mit meinem Mann. Ich hatte mir vorgenommen, mich kontemplativen Exerzitien zu widmen. Schweigen also. Nicht speziell äusserlich, sondern vor allem innerlich. Mal den Strom an Gedanken abschalten, der mir sonst tagtäglich durch den Kopf braust. Die uneingeschränkte Fokussierung auf Gott und nur Gott einüben. Ein genaueres Ziel hatte ich mir nicht gesteckt – ich wollte ja nehmen was kommt. Ganz entspannt.

Also ging ich es locker an. Es reicht ja auch noch an Tag zwei mit dem kontemplativen Gebet anzufangen. Oder an Tag drei. Es funktioniert ganz gut, so gelassen zu sein. Ich mache mir keinen Druck und nehme mir Zeit anzukommen, bevor ich mit den Übungen beginne.

Da in an dem neuen Ort nur schlecht schlafe, bin ich fast den ganzen Tag über müde. Tapfer mache ich aber weiter mit dem kontemplativen Gebet. Ich kann doch nicht einfach nichts tun! In meinem Exerzitien-Buch lese ich: „Es ist nicht möglich zu meditieren, wenn sie müde sind. Schlafen sie sich aus.“ Na toll.

Ich mache trotzdem weiter. Denn meiner Meinung nach bin ich gar nicht so schlecht. Der Autor übertreibt. Er warnt weiter: „Das kontemplative Gebet bringt oft Dinge aus den Tiefen der Psyche an die Oberfläche.“ Zum Glück habe ich da ja nichts zu befürchten – so entspannt wie ich bin.

Die Tage vergehen und am Ende der Woche bin ich – oh Wunder! – frustriert. Wegen der zunehmenden Müdigkeit machte ich viel weniger Gebets-Übungen, als ich eigentlich wollte. Ausserdem sind die Ablenkungen zwischendurch mannigfaltig: Die teilweise verstörenden Individuen im Speisesaal, die tägliche Qual der Wahl zwischen drei Menus, die Gespräche mit meinem Mann, vom Sex ganz zu schweigen. Ich komme nicht so sehr zur Ruhe, wie ich mir das eben doch gewünscht hatte und muss mir eingestehen, dass es nicht allzu weit her war mit meiner inneren Gelassenheit. Ein Selbstbetrug. Und das in einer Gebets-Woche.

Mich plagt das Gefühl versagt zu haben. Zu wenig geleistet zu haben. Und obwohl mir voll bewusst ist, wie un-kontemplativ diese Gedanken sind, werde ich sie nicht los. Bis ich ganz unerwartet Gottes Stimme höre: „Ich freue mich an dir. Ich freu mich daran, dass du dir für mich Zeit genommen hast.

Mich plagt das Gefühl versagt zu haben. Zu wenig geleistet zu haben. Und obwohl mir voll bewusst ist, wie un-kontemplativ diese Gedanken sind, werde ich sie nicht los. Bis ich ganz unerwartet Gottes Stimme höre: „Ich freue mich an dir. Ich freu mich daran, dass du dir für mich Zeit genommen hast.“ Echt jetzt? Gott freut sich an mir, auch wenn ich gar nichts mache? Denn das macht man ja theoretisch bei kontemplativen Gebetsübungen: Nichts. Oder zumindest fast. Auf jeden Fall nichts, was man sich sonst so gewohnt ist in Gottes Gegenwart. Keine Anbetung, kein Bibellesen oder -studium, kein Tanzen. Nichts. Und Gott freut’s.

Der Gedanke traf mich mit voller Wucht. Auch wenn ich ihn selbstverständlich schon das eine oder andere Mal in einer Predigt haben aufmucksen hören. Und ich hüte mich davor, zu schreiben, das wäre nun meine ultimative Lektion gewesen und ich hätte jetzt gelernt, dass Gott mich bedingungslos liebt und so. Sonst würde ich mir und euch doch nur wieder etwas vormachen. Denn ich werde das noch oft von Gott zu hören brauchen, bis es mir in Fleisch und Blut übergegangen ist: Ich liebe dich. Einfach so.

Anmerkung: die Zitate sind frei wiedergegeben aus: „Kontemplative Exerzitien, Eine Einführung in die kontemplative Lebenshaltung und in das Jesusgebet“ von Franz Jalics. 12. Auflage 2009, Echter Verlag, Würzburg.

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