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  • Cornelia Schmid, freiberuflich als Theologin

Das Gute erkennen


Das Gute erkennen. Diesem Experiment stelle ich mich eine Woche lang. Sieben Tage lang werde ich das Gute erkennen, in allem, in jedem Menschen, jeder Situation. Ich nehme ein Blatt Papier und schreibe gross darauf: Das Gute erkennen. Dieses Papier hänge ich an zentraler Stelle in unserer Wohnung auf. Und schon wenige Minuten später werde ich von meiner 13-jährigen Tochter darauf angesprochen. „Mama, was soll das?“ Als ich ihr den Sinn erkläre, strahlt sie:“ Super, da mache ich mit.“ Wir werden eine Woche nur das Gute erkennen, auch und gerade in schwierigen Situationen. Klingt einfach, wird mich aber einiges kosten.

Ernstfall Nr. 1: Eine Bekannte hat in meinem Urlaub einen Zeitungsartikel über meine Arbeit veröffentlicht. Das Interview im Vorfeld verlief super. Nun ist der Artikel veröffentlicht und die ersten Kritiker sitzen mir auf der Pelle. Das kann man so nicht schreiben. Ich werde zum Gespräch gebeten. Eine Gegendarstellung ist geplant. Ich bin verunsichert, meinte es nur gut, wollte niemandem wehtun – und jetzt? Jetzt werde ich das Gute erkennen. Was bitte ist gut an dieser Situation? Vielleicht, dass ich jetzt einfach mal meinen Mund halte und auf die Knie gehe und mit meinem himmlischen Papa den Sachverhalt kläre, ruhig werde, meine Sorgen abgebe und mal wieder spüre: Ich habe nichts in der Hand.

Es fällt mir so unsagbar schwer, Dinge loszulassen und in seine Hände zu legen. Aber genau das ist es, was er sich immer und immer wieder von mir wünscht.

Es fällt mir so unsagbar schwer, Dinge loszulassen und in seine Hände zu legen. Aber genau das ist es, was er sich immer und immer wieder von mir wünscht. Wenige Tage später gibt es übrigens ein Gespräch und wir können sachlich und wertschätzend über den Artikel reden. Am Ende gab es keine Gegendarstellung, aber eine Erfahrung mehr in meiner Schatzkiste, dass es sich lohnt, Gott zu vertrauen.

Während ich noch froh bin über den guten Verlauf, kündigt sich Ernstfall Nr.2 an: Wir fahren gemeinsam zu einer befreundeten Familie. Die Fahrt wird zu einem Abenteuer. Jeder noch so kleine Ort besteht aus einer komplizierten Umleitung. In einem Ort werde ich fast wahnsinnig, als es vom Beifahrersitz tönt: Was wohl das Gute an dieser Situation ist? Ich zucke innerlich und äusserlich zusammen. Schon zählt meine Tochter munter auf: Wir sehen Häuser und Strassen, die wir sonst nicht sehen; wir haben gemeinsame Zeit im Auto; wir sind gesund, ...

Ich bin beschämt. Eigentlich war diese Aufgabe Teil meiner Coaching Ausbildung, sollte mich als Leiterin weiter bringen soll. Plötzlich stehen Jesu Worte vor meinem inneren Auge: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder (oder vielleicht besser die Teenager)... Ich bin es gewohnt, auf das Negative zu schauen, auf das, was nicht gelingt, was mir fehlt, was besser laufen könnte.

Ich staune neu über meinen himmlischen Papa, der mich sieht, nicht als fehlerhaften Menschen, sondern als Wunderwerk seiner Schöpfung. Ein Papa, der das Gute in mir wahrnimmt und fördert, mich ermutigt und herausholt aus dem Kreisen um das Negative. Zuhause lasse ich das Schild: „Das Gute erkennen“ hängen. Ich werde weitermachen und nicht aufhören, das Gute in meinem Leben wahrzunehmen.

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