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  • Patricia Schneider

Die Verzweiflung


Es liegen turbulente Wochen, ja Monate hinter mir. Als Gellertkirche haben wir vor rund 2 Jahren den Prozess einer Umstellung von 2 auf 3 Gottesdiensten am Sonntag begonnen. Und nun war es endlich soweit: Mitte Januar durften wir zum allerersten Mal dreimal Gottesdienst feiern! Es lief fast alles wie am Schnürchen und wir durften und dürfen erleben, wie Gott das Ganze zusammenhält, die richtigen Leute “anstupst” und auf allen Ebenen wirkt. Und ganz ehrlich: Das hat mich stolz gemacht. Wer ist nicht gern Teil einer wachsenden, lebendigen Kirche mit wunderbaren Menschen darin?

Dann der Dämpfer - ein Zeitungsartikel über die Gellertkirche löst eine Welle von Negativberichten aus: Berichte über Mobbing von ehemaligen Mitgliedern, es herrsche eine restriktive Sexualmoral, Homosexuelle würden abgelehnt, ja es würde gesagt, sie seien dämonisch besessen. Predigten werden analysiert, Zitate daraus ins Netz gestellt.

Es folgen verschiedene Statements und Richtigstellungen unsererseits. Wir diskutieren und beten viel in dieser Zeit. Wir versuchen zu filtern, wo Dinge falsch gelaufen sind und laufen. Wir fühlen uns in die Ecke gedrängt, mit jedem Artikel werden wir etwas zynischer. Wir suchen die Mitte zwischen Über-sich-ergehen lassen und mutig zu unseren Werten stehen. Am Ende kommen wir immer wieder aufs Gleiche: Es geht um Gottes Ehre, nicht um unsere.

Aber es wurmt mich, trotz allem. Es beelendet mich, denn ganz offensichtlich haben wir menschlich versagt. Haben wir so wenig Jesus in uns, dass sich ehemalige Mitglieder ausgegrenzt fühlen? Im Kopf gehe ich dutzende von Gesprächen und Begegnungen durch - wo habe ich falsch reagiert, wo verletzt, wo verurteilt, wo manipuliert, wo jemanden ignoriert?

Fragen über Fragen. Ich schlafe schlecht. Ich bin genervt. Ich wünsch mich an eine Strandbar auf einer Südseeinsel.

Doch dann sehe ich es: Die leuchtenden Augen einer Seniorin, wenn sie den ersten selbstgeschäumten Latte Macchiato im neuen Sonntagmorgenbistro auf die Theke stellt. Die Nachbarin, die mir treu alle paar Wochen meinen Pony nachschneidet. Die gute Freundin, die sich meine (zu) detaillierten Alltagsberichte geduldig anhört und mir sagt, wenn ich was dummes tue. Die beiden Chefs, die mich wie eine Tochter ermutigen und an ihren Familien teilhaben lassen. Das ältere Ehepaar, mit dem ich gerne bei einem Glas Rotwein über das Leben philosophiere. Meine Kirche ist meine Familie - perfekt unperfekt mit vielen Fehlern und so vielen theologischen Meinungen wie Menschen.

Dorothy Day schrieb: «As to the Church, where else shall we go, except to the Bride of Christ, one flesh with Christ? Though she is a harlot at times, she is our mother.» Fakt ist, dass viele von uns neben allem guten auch problematische Erfahrungen mit ihren Kirchen, Gemeinden und Glaubenstraditionen haben.

In all dem suche ich Gott. Denn ich weiss, wo Gott ist, da spielt es keine Rolle wer ich bin, wo ich dazu gehöre, was ich weiss und was ich genau glaube. Er fordert kein Glaubensbekenntnis von mir ausser dem einen - dass er mein Herr und mein Gott ist. Das heisst nicht, dass ich keine theologischen Meinungen habe und vertrete - es verschiebt jedoch den Fokus, weg von mir hin zu ihm. Weg von Differenzen zwischen und innerhalb unserer Denominationen und theologischen Kategorisierungen hin zur Mitte, zum Fels, auf dem wir alle stehen.

Er fordert kein Glaubensbekenntnis von mir ausser dem einen - dass er mein Herr und mein Gott ist. Das heisst nicht, dass ich keine theologischen Meinungen habe und vertrete - es verschiebt jedoch den Fokus, weg von mir hin zu ihm. Weg von Differenzen zwischen und innerhalb unserer Denominationen und theologischen Kategorisierungen hin zur Mitte, zum Fels, auf dem wir alle stehen.

Und ich mag theologische Kategorisierungen ja eh nicht, Jesus-Nachfolge misst sich nicht in Kategorien. Nachfolge ist Bewegung - und Nachfolge bedeutet formbar bleiben.

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