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  • Zoë Bee, Imageberatung, Autorin

Der Flüchtlingslohn


Das Experiment

Seit einigen Monaten kümmere ich mich um ein älteres Ehepaar, Baptiste und Nadège. Sie sind als afrikanische Flüchtlinge in der Schweiz und die Behörden platzierten sie im September 2015 in unserer Stadt.

Als sie in unserer Stadt ankamen, ging Baptiste in der unbekannten Gegend spazieren, um sich ein wenig vertraut zu machen. Insgeheim hoffte er, ein Heilsarmee-Gebäude zu finden. Und tatsächlich, er fand eines in nächster Nähe. Sie hatten gebetet, dass sie an einen Ort kommen, wo es ein Heilsarmee-Korps gibt und wo man sie brauchen kann. Denn sie sind selber in der Heilsarmee aufgewachsen und waren ihr ganzes Leben lang hauptamtlich im Heilsarmee-Dienst in ihrem Ursprungsland in Afrika tätig.

Am folgenden Sonntag kamen sie zum ersten Mal in den Gottesdienst und verstanden kein Wort. Der Pastor bat mich, mich um das Ehepaar zu kümmern, da ich sehr gut Französisch spreche. Seither übersetze ich für sie im Gottesdienst und helfe ihnen auch sonst ein und aus. Wir sehen uns mehrmals pro Woche und es macht mir riesig Spass. Beide beteiligen sich mit Trommeln und Singen bereits aktiv in der Gemeinde. Es ist ihr Anliegen, zurückzugeben und integriert zu werden.

Vorher hatte ich noch nie Kontakt mit Flüchtlingen. Ich begleitete Baptiste auf das Flüchtlingsamt, wo er alle Belege vorweisen musste und auch sonst Informationen erhielt. So sah ich, dass sie beide 1054.- pro Monat erhalten für ihren Lebensunterhalt, also Essen und Trinken, Putzmittel, Restaurant, private Reisespesen, ect. Ich dachte, dass das ja recht viel Geld ist - Wohnung, Arzt und so werden zusätzlich übernommen.

Irgendwie beschäftigte mich dieser „Lohn“. Nach ein paar Wochen verkündigte ich meinem Mann, dass ich auch mit Fr. 1054.- leben möchte, ob er einverstanden sei. Ich dachte: Kein Thema, easy. Ich nehme jede Woche 100.- und dann habe ich noch Reserve für Unvorhergesehenes. Die erste Woche startete gut. Ich arbeitete Zuhause, Ausgaben gleich Null, Essen hatte es noch. Also ein voller Erfolg.

Am Dienstag schellte der Paketbriefträger und übergab mir ein Paket aus Deutschland: „So, jetzt bräuchte ich noch 78 Fr. von Ihnen für den Zoll!“. Autsch! Achtundsiebzig Franken, da blieben mir ja nur noch 22 Fränkli für den Rest der Woche. Ich wusste, dass ich am Donnerstag mit dem Zug an ein Treffen fahren musste, 13 Franken gingen schon mal fürs Billett drauf, dann assen wir normalerweise gemeinsam. Wie sollte ich das schaffen, mich selber einzuladen wäre wenig elegant gewesen.

Ich war ziemlich zerknittert, und mein Mann erfuhr die Geschichte als Erstes, als er abends nach Hause kam und zum zweiten Mal die gleichen Resten aufgetischt wurden. Er gab mir dann die 78 Franken. Ja und so ging dieser Monat weiter. Ich leerte vor allem die Tiefkühltruhe und wir wollen ja sowieso abnehmen. Aber in der dritten Woche musste ich dann doch einkaufen gehen. Mein Mann hatte zwischendurch zweimal volle Einkaufstaschen nach Hause geschleppt, unaufgefordert. Er hatte wohl gedacht, dass er selber für die gute alte Zeit sorgen müsse. Bei meinem Grosseinkauf brauchte ich auch Büromaterial und Waschpulver. Wieso hatte es genau jetzt keine Aktion? Dann musste ich noch zum Coiffeur und fand ihn unanständig teuer. Ja, der Fokus verändert unter Umständen das Denken und das Handeln!

Ich bin Gott einfach dankbar, dass er mich auf diese Fährte schickte, damit ich nicht aus dem Lernen und Wachsen komme.

Ich bin Gott einfach dankbar, dass er mich auf diese Fährte schickte, damit ich nicht aus dem Lernen und Wachsen komme. Ich spüre so sehr, wie er mich weiterhin liebevoll umbaut. Und die Flüchtlinge Baptiste und Nadège sind „schuld“ daran, dass ich das erleben darf.

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