Mein Leben ist spannend und ausgefüllt. Ich liebe es mit Menschen zu arbeiten und bin ein Beziehungsmensch. Kein Tag ist wie der andere und mein Alltag ist gezeichnet mit Geschichten die das Leben schreiben. Junge Menschen die aus schwierigen Verhältnissen kommen und nicht nur die Sonnenseiten des Lebens kennen lernten. Gerade diese Woche hatte ich wieder eine Situation mit einem unserer Girls (17 Jahre), die tragisches erleben musste. Sie überlebte nur knapp die versuchte Vergewaltigung von ihrem eigenen Vater. Dies dank den Nachbarn die ins Haus einbrachen und den alkoholisierten Vater, der sie zu Tode würgen wollte, k.o schlugen. Dieses Mädchen ist ein Mädchen von nebenan. Sie hat Träume und möchte leben! Mit solchen jungen Menschen Leben zu teilen hat es in sich. Rückschläge und Traumas sind inklusive und schwer zu verdauen. Mein Herz heult mit ihr und ihrer Familie und ich brauche Zeit um mit Gott diese Themen zu verarbeiten und mit ihm um neue Hoffnung für diese Familie zu kämpfen!
Doch nicht nur für das, auch die Leitungsaufgaben für die ich Verantwortung trage, die Mentoringzeiten mit unseren Mitarbeitern, mein Familienalltag als Ehefrau und Mutter von drei Kindern kostet mich was. Zeit, Kraft und viel Hingabe. Mein Alltag ist voll – manchmal zu voll!
Ich realisierte schon länger, dass ich nicht nur geben kann (habe ich dies nicht auch schon viele male selber gepredigt?), sondern ich auch zu mir selber schauen muss. Doch wie, wenn der Tag von Morgens bis am Abends so schnell vorbei geht und ich zudem auch noch sehr gerne arbeite? In einer Selbstanalyse zum Thema „Zeitmanagement und Gesundheit“ schnitt ich nicht besonders gut ab. Ich realisierte, dass ich zu wenig Zeit für mich selbst einplante und mein Lebenstempo zu hoch ist. „Bewusst Pausen einbauen“ klingelte es wie ein „Warnglöcklein“ in meinen Ohren (ich hätte natürlich auch auf den Ehemann hören können, der mich ständig aufforderte joggen zu gehen, doch das verdrängte ich gut und gerne!).
Da ich meine Berufung, den Menschen zu dienen, noch lange leben möchte und ich dabei nicht ausbrennen will, entschied ich mich, meinem Körper die Pausen zu gönnen und diese bewusst einzuplanen.
Da ich meine Berufung den Menschen zu dienen noch lange leben möchte und ich dabei nicht ausbrennen will, entschied ich mich, meinem Körper die Pausen zu gönnen und diese bewusst einzuplanen. Ich kaufte mir ein Fitness-Abo. Ich dachte mir, wenn ich für meine Pausen bezahle, dann werde ich sicher auch die Leistung in Anspruch nehmen und was für mich tun. Doch weit gefehlt! Die Wochen vergingen und ich fand immer eine Ausrede, weshalb ich nicht gehen konnte. Nach vier Monaten war die Episode „Fitness“ etwas frustriert beendet.
Da wuchs in mir der Wunsch nach einem Hund. Was als göttliche Eingebung gedeutet werden kann oder als denkbar schlechte Idee, ist sehr von der Perspektive abhängig. Da waren und sind wir uns noch nicht einig in unserer Familie. Doch mit 4:1 Stimmen (mein armer Ehemann!) wurde nach längerem Ringen und der zögerlichen Zusage meines Mannes, ein Hund angeschafft. Er war jung, wild und nicht stubenrein.
Wir hatten Chaos im Haus, stritten viel um die spontan entstandenen „Pfützen“ und erlebten super glückliche Kinder, die es liebten mit dem Vierbeiner zu schmusen. Daneben ein etwas irritierter Ehemann, dem das alles ein Gräuel war. Neben all diesen Emotionen und Herausforderungen, kam die Aufgabe spazieren zu gehen. Mir war von Anfang an klar, dass dies meine Verantwortung werden würde.
Nach den ersten Tagen zickzack laufen mit meinem untrainierten Welpen, der mir mehr über meine Füsse stolperte und an meinen Schuhbändeln kaute als geradeaus zu schauen, realisierte ich, dass mir dies gut tut. Es waren so unbeschwerte, leichte Momente die mir immer wieder ein Lachen entlockten. Diese „einfachen“ Spaziergänge wurden meine Oase und eine Art „Entschleunigung“ in meinem hektischen und anspruchsvollen Alltag. Während ich mit meinem schnuppernden Welpen die Hunde Markierungen an den Strassenrändern erforsche, reflektiere ich über mein Leben, staune über die wunderbare Natur, bete und bin einfach still. Das tut mir gut und ich tanke auf.
In meinem Alltag darf ich den Menschen dienen und mir dienen lassen. In meiner spezifischen Situation – auch von einem Hund!