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  • Sabine Fürbringer arbeitet freiberuflich als

Das Unbehagen


In den letzten Monaten bin ich vermehrt im Gespräch mit Männern über die Rolle von Frauen in Leiterschaft und gemischte Leitungsteams. Dabei wiederholen sich einige Aussagen, die bei mir nachklingen und ein gewisses Unbehagen auslösen. Erst beim Reflektieren im Hinterher realisiere ich, weshalb das so sein könnte. Grob unterteilt sind es drei Varianten von Reaktionen, die irritieren: Die superfreundlichen, die angriffigen und die negierenden. Dieselben Äusserungen habe ich übrigens auch schon aus Frauenmund gehört.

Superfreundlich etwa ist „Ihr Frauen könnt das sowieso viel besser!“ Das schmeichelt natürlich – und wirft die Frage auf, warum denn bei so viel Erkenntnis nicht schon längst mehr Frauen in Leitungsfunktionen berufen worden sind. Beim Weiterdenken entpuppt sich diese Aussage allerdings als verheerend: Wir Frauen müssen es besser können, sonst haben wir gar keine Berechtigung, als Leiterinnen anerkannt zu werden. Frauen, die Führung übernehmen, sind noch immer eine Ausnahme und darum stärker exponiert und sichtbar. Wenn sie Fehler machen, liefern sie quasi den Beweis, dass sie es eben doch nicht können. Bei Männern, die mal Mist bauen, stellt das nicht grundsätzlich den männlichen Führungsanspruch in Frage, sondern ist allenfalls individuelles Unvermögen. Wenn wir mitbedenken, dass Frauen statistisch erwiesen viel höhere Ansprüche an sich selbst stellen, erweist sich so ein gut gemeintes Kompliment sogar als Bummerang. Frauen stellen ihre Fähigkeiten sowieso eher in Frage und die hohe Messlatte schüchtert zusätzlich ein. Ich wünsche mir, dass wir als Männer und Frauen einander in unseren individuellen und nicht primär geschlechtsbezogenen Begabungen bestärken und gleichzeitig zugestehen, dass wir beide begrenzt und Lernende sind, die auf Ergänzung und Unterstützung angewiesen sind.

Eher angriffig tönt es etwa so: „Mit Frauen leitend zusammenarbeiten wäre ja schon wünschenswert. Aber viele sind so kämpferische Emanzen und das geht natürlich nicht.“ Gibt es Frauen, die mal aggressiv werden? Klar. Gibt es Frauen, die mal übertreiben? Klar. Ideal ist das sicher nicht. Aber wie wäre es, ein bisschen weniger mimosenhaft an das Thema ranzugehen? Abgesehen davon haben wir Frauen nicht das Monopol auf Aggression gepachtet und mir sind durchaus auch schon Männer begegnet, die übertrieben haben – gelinde gesagt. Vielleicht hat die Gute ja allen Grund, so zornig zu werden und einfach den richtigen Kanal noch nicht gefunden, um mit ihrer Wut umzugehen. Und möglicherweise weist ihre Wut auf einen Umstand hin, der tatsächlich veränderungsbedürftig ist. Zudem ist es eine Binsenwahrheit, dass immer diejenigen, die am Satus Quo etwas ändern wollen, unbequem werden und manchmal auch Anstoss oder Druck erzeugen. Wie wäre es, wenn wir unsere Energie statt im Kampf zu verschleudern zur Bewältigung der wirklichen Herausforderungen brauchen würden? Und da gäbe es genug zu tun: Strukturelle Anpassungen in Gemeinden und Organisationen oder eine echte theologische Auseinandersetzung mit den Themen oder eine neue Teamkultur, in der sich Frauen gleichberechtigt und doch in ihrer beispielsweise kommunikativen Andersartigkeit einbringen können. Und noch was: Wer einen Raum innehat, hat das Privileg, ihn zu teilen. Das würde manchem Kampf die Grundlage nehmen.

Und dann gibt es noch die Sorte von Argumenten, die behauptet, in Wirklichkeit sei alles ganz anders. „Wenn du genau hinschaust, dann haben in den patriarchalen Gesellschaften letztlich die Frauen die Hosen an. Die sagen doch den Männern zu Hause, was sie zu tun haben.“ Zunächst blendet dieser Blickwinkel aus, mit wieviel Unterdrückung, Angst, Leid, Gewalt und Ungerechtigkeit diese Gesellschaftsform einhergeht. Aber das ist ein anderes Thema. Wenn wir Leiterschaft als Machtausübung und Durchsetzen von Eigeninteressen mit welchen Mitteln auch immer verstehen, dann stimmt das natürlich. Auch Frauen wollen bestimmen und greifen dabei auf die altbewährte Trickkiste der Manipulation in allen Facetten zurück.

Ich sehe Leiterschaft aber als verantwortungsvolles Vorangehen entlang von Gottes Absichten.

Ich sehe Leiterschaft aber als verantwortungsvolles Vorangehen entlang von Gottes Absichten. Es geht um das Einbringen von Begabungen, die Gott auch Frauen gegeben hat. Und das soll geistgeführt, in Weisheit und Integrität geschehen. Da braucht es keine verdeckten Spielchen im Hintergrund.

Damit wir in der Frage von gemischten Leitungsteams wirklich vorankommen, müssen wir uns mit diesen Sätzen und Bildern im Kopf auseinandersetzen und sie entlarven. Und diese Bilder sitzen sowohl in den Köpfen von Männern als auch Frauen, wohlverstanden. Es gibt eine ganze Reihe von Themen, die sollten wir unter uns Frauen ehrlich anschauen, voneinander lernen und einander ermutigen. Aber es gibt auch einige Themen, die können wir nicht unter uns, quasi im weiblichen Biotop klären. Da brauchen wir den kommunikativen Austausch und das gemeinsame, freudige Entdecken und Kreativ werden von Männern und Frauen – damit wir in eine neue Leitungskultur hineinfinden, in der Gottes versöhnende Erlösung sichtbar wird.

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